Für erfolgreiche Gespräche in interkulturellen Kommunikationssituationen muss eine Möglichkeit geschaffen werden, Sprachbarrieren zu überbrücken. Wer auf professionelle Dolmetschdienstleistungen verzichtet, kann auf erlernte Fremdsprachen zurückgreifen. Häufig wird dabei allerdings vergessen, dass Sprachkenntnisse zur Überbrückung kultureller Differenzen häufig nicht ausreichen. Dabei spielt kulturelles Hintergrundwissen eine entscheidende Rolle, um die Erwartungen des Gegenübers richtig einzuschätzen, den Kontext der eigenen Handlungen besser zu verstehen und eine negative Fehlinterpretation von Aussagen zu verhindern.
Am Beispiel einer typischen Berufssituation – einem Meeting – möchten wir verdeutlichen, wie stark ausgeprägt Unterschiede hinsichtlich der Deutungsrahmen sein können. Betrachtet man zunächst den stereotypischen deutschen Manager, so lässt sich feststellen,
- dass er gut vorbereitet in das Meeting geht,
- einen sachorientierten, konstruktiven und zeitlich eng getakteten Gesprächsverlauf anstrebt,
- Smalltalk für redundant hält.
Mit diesem Mindset ist kulturelles Unverständnis bei asiatischen oder arabischen Gesprächsteilnehmern bereits vorprogrammiert. In der indischen und der arabischen Kultur sind Privates und Berufliches deutlich enger verzahnt: Smalltalk ist in diesen Kulturen ein unverzichtbarer Aspekt des Vertrauensaufbaus.
Selbst in anderen westlichen Kulturen lassen sich Unterschiede zur deutschen Effizienzorientierung feststellen: Spanische Geschäftspartner sehen ein gemeinsames, ausgiebiges Geschäftsessen in angemessenem Ambiente als kaum ersetzbare Wertschätzung an, die zeitliche Komponente ist hierbei zweitrangig. Die Forschung hat sich mit der Meeting-Kultur beschäftigt und festgestellt, dass Deutsche im Vergleich zu amerikanischen Geschäftspartnern signifikant häufiger Probleme ansprechen, sich häufiger beschweren und öfter Verantwortung von sich weisen. Auf der anderen Seite sind Deutsche wiederum im Gesamtgesprächsverlauf organisierter, fassen Ziele, Abläufe und bisher Gesagtes öfter zusammen und zeigen sich generell weniger gefühlsbetont. Anhand dieser Beispiele wird deutlich, wie stark kulturell bedingte Verhaltensweisen Geschäftsbeziehungen beeinflussen können.
Professionelle interkulturelle Fähigkeiten zielen darauf ab, die aus diesen divergierenden Deutungsrahmen entstehenden Missverständnisse zu vermeiden: Die eigenen Frames sollten kritisch hinterfragt, abweichende Erwartungen des Gegenübers antizipiert und Situationsdefinitionen hinreichend in Einklang gebracht werden. Zudem müssen Rollenkonzepte, Normen und Werte erkannt und beachtet werden.
Eine besondere Herausforderung von interkulturellen Trainingsmaßnahmen ist es, jegliches Verhalten zwar in einem kulturellen Deutungsrahmen zu betrachten, dahinter jedoch die Eigenständigkeit des Gesprächspartners und seine Heterogenität als Person nicht zu vergessen. Zum Abbau kulturbedingter Vorurteile stellt das Erlernen stereotypischer Denk- und Verhaltensweisen ein Paradoxon dar – hier werden erfahrene Dienstleister benötigt, die genau wissen, wie man trotz dieses logischen Bruches Kompetenzen anschaulich und eingängig vermitteln kann.